In Deutschland leben so viele Menschen mit ausländischen Wurzeln wie nie zuvor.
Etwa jeder fünfte Bundesbürger hat einen sogenannten Migrationshintergrund, insgesamt mehr als 16 Millionen Menschen. Das geht aus am Mittwoch veröffentlichten Zahlen des Mikrozensus 2009 hervor, der amtlichen repräsentativen Statistik über die deutsche Bevölkerung und den Arbeitsmarkt. Ein Migrationshintergrund wird Menschen zugeschrieben, die seit 1950 nach Deutschland zugewandert sind sowie ihren Nachkommen. Beim jüngsten Mikrozensus im Jahr 2005 waren es laut Angaben des Statistischen Bundesamts noch 715000 Menschen weniger. Der Zuwachs hat zwei Gründe: Die Zahl der Deutschen ohne ausländische Wurzeln geht zurück, die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund nimmt zu: Es ziehen Ausländer neu zu und Migranten bekommen mehr Kinder als alte Zuwanderer sterben.
Mehr als die Hälfte der Zugewanderten (8,5 Millionen) hat die deutsche Staatsbürgerschaft, etwa 800000 mehr als 2005. Ihre Herkunft verteilt sich größtenteils auf wenige Regionen der Welt: die Türkei, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion und Jugoslawiens, Polen und weitere Staaten in Europa. Insgesamt sind mehr als 70 Prozent der Zuwanderer aus europäischen Ländern nach Deutschland gekommen.
Wie schon der nationale Bildungsbericht sowie der Integrationsbericht der Bundesregierung ergab die Auswertung des Statistischen Bundesamtes eklatante Unterschiede zwischen Menschen mit ausländischen Wurzeln und dem Rest der Bevölkerung: Es fehlt den Zuwanderern viel häufiger ein allgemeiner Schulabschluss (14 Prozent im Vergleich zu 1,8 Prozent beim Rest der Bevölkerung); ebenso ein beruflicher Abschluss (42,8 im Vergleich zu 19,2 Prozent); sie sind etwa doppelt so häufig arbeitslos; ein Haushalt, dessen Hauptverdiener einen Migrationshintergrund hat, ist deutlich stärker von Armut bedroht.
Zudem liegt das Durchschnittsalter der Menschen mit Migrationshintergrund mit 34,7 Jahren deutlich niedriger als beim Rest der Bevölkerung (45,6 Jahre). Ein großer Teil der jungen Bundesbürger ist somit mit schlechten Perspektiven ausgestattet. Erfolg in Schule und Berufsausbildung hängt immer noch stark vom Elternhaus und der sozialen Schicht ab, aus der die Kinder kommen. Der im Juni vorgestellte Bildungsbericht von Bund und Ländern hatte ergeben, dass 30Prozent der Migranten unter 30Jahren keinen Berufsabschluss haben und sich auch nicht mehr in einer Bildungsmaßnahme befinden - ein neuer Höchststand. Schon als der Bildungsbericht vorgestellt wurde, fand die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), dazu klare Worte: Die schlechten Zukunftschancen für Kinder mit Migrationshintergrund seien 'dramatisch'.
(Von Karin Prummer, jetzt.de 14.07.2010 ) Zeichen 2342, Wörter 363